Einen in der österreichischen Medienwelt bislang einmaligen Schlagabtausch gibt es zwischen den Spielern des österreichischen Fußball-Nationalteams und der Redaktion der Tageszeitung „Österreich“. Die Redaktion von „Österreich“ hat auf den offenen Brief der Spieler des Nationalteams geantwortet und wir wollen natürlich unseren Lesern beide Sichtweisen nicht vorenthalten. Auch die Redaktion von Ligaportal.at erlaubt sich dazu einen Kommentar: die beiden „Liebesbriefe“ sind ein gutes Beispiel dafür, wie zwei "große Player" mit viel heißer Luft einen Sturm entfachen können. Der Aufreger schlechthin ist natürlich welchen Kommentar nun David Alaba ganz genau über seine Freundin gemacht hat. Ist er nun glücklich oder nicht?
Nachfolgend der schon bekannte offenen Brief der Spieler des Fußball-Nationalteams und die Antwort der Redaktion von Österreich – ein Stück österreichische Mediengeschichte ….
Der Brief im Original-Wortlaut:
OFFENER BRIEF DES ÖSTERREICHISCHEN FUSSBALL-NATIONALTEAMS AN DIE TAGESZEITUNG "ÖSTERREICH"
Es ist uns klar, dass wir mit diesem Schreiben ein Tabu brechen – nämlich jenes, ein Medium massiv zu kritisieren. Das tut niemand unüberlegt, weil in Folge naturgemäß mit verschärft unfairer „Berichterstattung“ zu rechnen ist.
Dieses Risiko nehmen wir, die Spieler des österreichischen Nationalteams, aus gutem Grund in Kauf. Aus unserer Sicht – und nach verschiedentlichen Versuchen unserer Pressebetreuer, zu einer gütlichen Lösung auf dem Weg von Gesprächen zu finden – ist das Maß voll: Die Fülle an schlecht bis gar nicht recherchierten Artikeln in der Tageszeitung „Österreich“, die häufig als „Exklusiv-Interviews“ bezeichneten Berichte, für die niemand von uns jemals interviewt worden ist, die reißerischen Texte, die nicht selten in Beleidigungen gipfeln (so wurde z. B. zuletzt unser Teamtrainer Marcel Koller als „Verräter“ bezeichnet, den man als „Packerl an die Schweizer schicken soll“) – wollen wir nicht mehr unkommentiert hinnehmen.
Zum Glück leben wir in einem Land, in dem Meinungsfreiheit ein hohes Gut darstellt. Wir respektieren auch das Recht der Öffentlichkeit auf Information. Und wir sind uns auch dessen bewusst, dass wir selbst Menschen mit Fehlern und Schwächen und keineswegs perfekte Individuen sind. Dennoch fragen wir uns angesichts der „Berichte“ über uns in der Tageszeitung „Österreich“, ob sich Journalisten wirklich ALLES erlauben können und ob wir uns wirklich ALLES gefallen lassen müssen? Wir meinen: NEIN!
Über Seriosität, Ehrgefühl oder Gewissenhaftigkeit in der medialen Berichterstattung mag man im Quotenkampf unterschiedlicher Meinung sein. Auch mag die Forderung nach journalistischer Ethik als „unzeitgemäß“ belächelt werden. Als Vertreter eines Sports, in dem Fairplay, Respekt, Verlässlichkeit, Gerechtigkeit, Wertschätzung und Teamgeist wesentliche Kriterien sind, als Personen der Öffentlichkeit und damit gleichzeitig als Vorbilder für so viele – vor allem auch junge – Menschen in unserem Land fühlen wir uns aber verantwortlich, wenigstens unsere Stimme zu erheben und uns vehement für Wahrheit, Wahrung der Würde und Fairness in Medienberichten auszusprechen. Wir wissen auch, dass viele Sportlerinnen und Sportler anderer Sportarten ähnlich denken wie wir.
Es ist uns klar, dass wir damit die Blattlinie der Tageszeitung „Österreich“ nicht ändern werden. Wir hoffen aber, damit bei den Medienkonsumentinnen und –konsumenten ein kritisches Hinterfragen der Artikel in der Tageszeitung „Österreich“ anzuregen. Und nicht zuletzt wollen wir damit auch unsere Solidarität mit unserem Teamchef ausdrücken.
Gleichzeitig möchten wir uns mit diesem Offenen Brief aber auch bei all den anderen Medien und deren Journalistinnen und Journalisten in Österreich bedanken, mit denen wir produktiv zusammenarbeiten und aus deren Berichterstattung wir ersehen, dass sie die von uns genannten Kriterien in ihrer Arbeit achten, auch wenn sie uns kritisieren!
Die Spieler des österreichischen Nationalteams.
Die Spieler unseres Nationalteams haben einen offenen Brief an ÖSTERREICH geschrieben. Das ist bemerkenswert, weil es nicht alle Tage vorkommt, dass sich Fußballprofis hinsetzen und stundenlang gemeinsam einen Brief an eine Zeitung verfassen. Wir nehmen diesen Brief somit auch – indirekt – als Zeichen der Wertschätzung unserem Stellenwert in der Medienwelt gegenüber.
Die Spieler, die den Brief unterzeichnet haben, üben an ÖSTERREICH heftige Kritik. Sie behaupten, unsere Berichterstattung über das Nationalteam sei „unfair“, zu „reißerisch“, würde „nicht selten in Beleidigungen gipfeln“ und das nötige Maß an Fairness vermissen lassen.
Zudem werfen uns die unterzeichnenden Spieler vor, wir hätten angeblich „Exklusivinterviews“ mit ihnen abgedruckt, für die niemand interviewt worden wäre.
Zumindest dieser Punkt ist definitiv unwahr. Gestern konnte NIEMAND im ÖFB – weder der Präsident oder Pressesprecher noch einzelne Spieler – EIN KONKRETES INTERVIEW nennen, das nicht auch tatsächlich geführt wurde. Vom ÖFB genannt wurden nach ausdrücklicher Nachfrage NUR ZWEI SÄTZE, die nach Meinung einzelner ÖFB-Spieler so nicht gesagt wurden. Einer davon betrifft David Alaba, der bezüglich seiner Freundin angeblich nur gesagt hätte: „Dazu gebe ich keinen Kommentar!“ In ÖSTERREICH erschien der Satz „Ich bin glücklich – gebe aber dazu keinen Kommentar!“ Abgesehen davon, dass wir uns für diese Unkorrektheit selbstverständlich entschuldigen – es gibt in diesem Land sicher größere journalistische Sünden als diese.
Wir verwahren uns ausdrücklich gegen den Vorwurf, Interviews abgedruckt zu haben, die nicht stattgefunden haben. Wir können belegen, dass jedes ÖSTERREICH-Interview auch geführt wurde, und meinen: Wenn man etwas behauptet, sollte man es auch konkret belegen können.
Die generellen Kritikpunkte der ÖFB-Teamspieler in ihrem offenen Brief nehmen wir freilich sehr ernst. Wir wissen, dass viele der Spieler ÖSTERREICH mit großer Begeisterung lesen – und jede Leserkritik ist uns sehr wichtig.
Den Vorwurf der Spieler, in unserer Berichterstattung über das Nationalteam zu „reißerisch“ zu sein – sprich bei Siegen zu laut zu jubeln und bei Niederlagen zu hart zu verdammen –, nehmen wir uns zu Herzen.
Es ist das Recht der Spieler, „faire“ Berichterstattung einzufordern. Wir haben sicher, wie Zeitungen weltweit oft bei Niederlagen, gelegentlich über das Ziel hinausgeschossen. Fußball ist ein Spiel mit Emotionen. Wir haben auch Teamchef Koller in der Phase seines Vertragspokers, den er mit Schweizer Gründlichkeit überlegt hat, zu hart kritisiert. Dafür haben wir uns bereits entschuldigt – stehen aber nicht an, das auch öffentlich in unserer eigenen Zeitung zu tun.
Eines sollte man freilich doch feststellen: In unserem Land war es jahrzehntelang üblich, dass Journalisten und Spieler „verhabert“ sind, also sachlich harte Kritik nicht geübt wird. Im Gegensatz zu den Medien in Deutschland, England oder Spanien sind unsere Kicker gewohnt, von den Journalisten mit Samthandschuhen angefasst zu werden. Auf Kritik reagieren sie deshalb oft wie Mimoserln.
Der ÖFB hat das dadurch unterstützt, dass er mit Zeitungen – zum Teil millionenschwere – „Sponsorverträge“ abgeschlossen hat, die wirklich kritische Berichterstattung fast verunmöglichen.
Mit dem Erfolg von ÖSTERREICH hat sich dieser „Verhaberungs-Journalismus“ geändert. Unsere Kolumnisten und Journalisten üben harte Kritik, wenn sie gerechtfertigt ist. Unabhängig von Sponsorverträgen, die wir nicht haben.
Es ist deshalb wohl auch kein Zufall, dass unser Sportteil in mehreren Markttests von den österreichischen Lesern übereinstimmend zum BESTEN SPORTTEIL des Landes gewählt wurde, weil er – auch – der unabhängigste und kritischste ist.
In Zukunft wollen wir uns um beides bemühen: um kritische Kommentare, aber sicher verstärkt auch um fairen Journalismus.