27 Jahre ist Christian Werschnik als Schiedsrichter aktiv – von der U10 bis zur internationalen Europacup-Begegnungen reicht sein Erfahrungsschatz als Schiedsrichter. Er betrachtet das Schiedsrichtertrio als dritte Mannschaft am Platz und hat natürlich auch zu vielen aktuellen Themen des österreichischen Fußballs eine fundierte Meinung. Unterhaus.at hat mit Christian Werschnik ein umfassendes und höchst interessantes Interview geführt.
Die Fußballerkarriere beging für Christian Werschnik bei Austria Wien – einer Profikarriere kam aber nicht in Frage. Christian Werschnik: „Als Jugendlicher habe ich beim FK Austria Wien Fußball gespielt. Durch meinen schulischen Werdegang habe ich dann einfach nicht mehr die Zeit gehabt die aktive Laufbahn fortzusetzen – ich war aber auch nicht so ein großes Talent um als Profi im Fußballbetrieb Fuß fassen zu können. Ich habe dann meine Matura gemacht und nur mehr hobbymäßig Fußball gespielt. Ich wollte aber trotzdem dem Fußball verbunden bleiben und habe dann 1987 mit einem Freund die Schiedsrichterausbildung gemacht."
Als Schiedsrichter ist Christian Werschnik nur mehr in der Regionalliga aktiv – die Laufbahn begann er bei den U10-Mannschaften. Christian Werschnik: „Man macht den Schiedsrichterkurs und die Abschlussprüfung und wird dann bei den Kindern ab der U10 als Schiedsrichter eingesetzt. Gleichzeitig steht man aber auch schon zum Beispiel in der Oberliga in Wien an der Linie und arbeitet so mit erfahrenen Schiedsrichtern zusammen. Dabei wird man beobachtet und beurteilt ob man für weitere Aufgaben geeignet erscheint. Dann wird man provisorischer Schiedsrichter und wenn man sich bewährt steigt man dann auf in die höheren Klassen. Ich bin jedes Jahr aufgestiegen und bin dann innerhalb von sieben Jahren bis in die Bundesliga gekommen wo ich als Assistent eingesetzt war. Aktuell pfeife ich noch in der Regionalliga, in der Bundesliga habe ich vor drei Jahren aufgehört – ich wollte da einfach den jungen Platz machen weil ich vierzehn Jahre in der Bundesliga als Schiedsrichter aktiv. Ich war auch einige Male im Auslandseinsatz – zum Beispiel in England bei Europacupspielen im Einsatz. Es war eine internationale Schiedsrichterkarriere die ich aber vor allem deswegen aufgegeben habe da ich mich der Nachwuchsarbeit gewidmet habe. Aktuell trainiere ich die U11 von Stadlau."
Welche Tipps hat Cristian Werschnik für angehende Schiedsrichter? „Das wichtigste ist sicher für den Fußballsport selbst ein hohes Maß an Verständnis aufzubringen. Man muss am Platz eine große Autorität ausstrahlen und zeigen ohne überheblich zu wirken. Als Schiedsrichter ist man ein Teil des Spiels und man ist gleichzeitig Teil einer Mannschaft. Diese Mannschaft ist das Trainerteam und das ist sozusagen die dritte Mannschaft am Platz. Man muss eben für das Spiel und für die Spieler Verständnis haben und zeigen – aber eine klare Grenze ziehen was tolerierbar ist und was nicht. Ganz wichtig ist auch, dass ein Schiedsrichter für die Spieler berechenbar ist. Es muss gewährleistet sein, dass Regelverstöße immer gleich geahndet werden.
Wie erlebt und erlebte Christian Werschnik Fußballzuschauer und Fußballfans? „Man versucht natürlich das Publikum und dessen Äußerungen auszublenden. Natürlich sind junge Schiedsrichter, die das erste Mal vor 400 oder 500 Zuschauern pfeifen, schon einer anderen Situation ausgesetzt als wenn man bei einem Nachwuchsspiel tätig ist. In der Bundesliga pfeift man dann vor 5000 oder 10.000 Zuschauern oder international sind es dann noch viel mehr. Meiner Erfahrung ist, dass es eher in den Unterklassen vor wenigen Zuschauern unangenehmer ist, weil man da natürlich jeden Kommentar des Publikum mitbekommt. In den Unterklassen ist es auch vom Umfeld her schwieriger zu agieren. In der Bundesliga ist es schon leichter – da gibt es schon Ordnerdienste, Zäune und Sicherheitspersonal. Mich hat es immer angespornt wenn möglichst viele Zuschauer bei einem Spiel waren. Die Fans, die sich wirklich mit dem Thema Fußball beschäftigen, sind sehr wertvoll für den Sport. Es gibt aber leider unter den Fanklubs immer wieder Gruppierungen die nicht den Verein unterstützen wollen, sondern die vor allem Krawalle anzetteln wollen. Das sind aber keine Fußballfans. Bei einem Bundesligaspiel von Vorwärts Steyr gegen Wacker Innsbruck, wo ich als Assistent eingesetzt war, haben die Zuschauer beim Abgang mit Steinen geworfen. Da hat mich zum Glück nur ein kleiner Stein ober dem Auge getroffen – die Rissquetschwunde hat dann der Innsbrucker Vereinsarzt genäht. Das war aber die einzige wirklich „unangenehme" Situation – ansonsten hat es eigentlich keine weiteren richtig kritischen Situationen gegeben.
Es hängt fast nur vom Talent und Willen der Spieler ab wie weit man es im Fußball bringt, meint Christian Werschnik. „Es ist sicher die Einstellung des Spielers zum Sport entscheidend – jeder der das notwendige Talent und die entsprechende Konsequenz hat kann weit kommen. Es kann natürlich nicht jeder Bundesligaspieler – aber es sind zum Glück noch immer viele Kinder in Wien auf den Fußballplätzen aktiv die dann später in der Oberliga oder Wiener Liga dem Fußball verbunden bleiben. Die Voraussetzungen in Wien sind aber meiner Meinung nach viel besser geworden es als Fußballer weit nach oben zu schaffen und sich durchzusetzen."
Christian Werschnik: „Ich kann nur von mir selber sprechen – mir war es immer egal ob ein Beobachter da war oder nicht. In der Bundesliga oder Regionalliga wird dann sowieso jedes Spiel beobachtet. Da wird es dann schon zur Routine laufend bewertet zu werden. Ein junger Schiedsrichter der das erste Mal beobachtet wird ist sicher etwas nervöser als bei einem normalen Spiel. Das ist eine Art Prüfungssituation – aber ich denke doch, dass Schiedsrichter nicht anders pfeifen wenn man beobachtet wird. Man weiß als Schiedsrichter sowieso nicht worauf der Beobachter besonderen Wert legt. Für mich war in den 27 Jahren meiner Schiedsrichtertätigkeit immer wichtig, dass man jederzeit auf den Platz kommen kann und mit jedem Spieler wieder reden kann – nach dem Spiel muss die Sache erledigt sein."
Christian Werschnik sieht einen großen Knick in der derzeitigen österreichischen Fußballerausbildung im Sprung von der U15 zur U18. Christian Werschnik: „Um den Schiedsrichternachwuchs zu fördern haben wir derzeit ein sehr gutes System eingeführt. Wenn man auf den Fußballernachwuchs schaut, und das sieht man auch in den Nachwuchsmannschaften, sind wir bis zur U14 oder U15 sehr gut aufgestellt. Da können wir international voll mithalten. Aber dann im Sprung zur U17 oder U18 passieren meiner Meinung nach Versäumnisse in der Ausbildung. Da muss man bei den großen Klubs schauen wie die Nachwuchsspieler in die Kampfmannschaften frühzeitig integriert werden. Ein Cesc Fábregas hat zum Beispiel mit siebzehn bei Arsenal schon in der Kampfmannschaft gespielt. Irgendwo zwischen fünfzehn und siebzehn passiert da etwas in Österreich wo man den Anschluss an die Spitze verliert. Man sieht es ja aktuell an den Spielern die sich derzeit im Ausland durchsetzen – Alaba und Harnik sind mit vierzehn oder fünfzehn Jahren ins Ausland gegangen. Ich glaube aber schon, dass die Akademien den österreichischen Fußball mittelfristig gesehen ein großes Stück nach vorne bringen wird."
Unterhaus.at dankt herzlich für das interessante und aufschlussreiche Interview.
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