„Sie leistet nicht nur am Platz Außergewöhnliches als Spielerin, sondern betreut auch als Co-Trainerin gemeinsam mit Günther Stuntner das 1b-Team, ist organisatorisch aktiv und eine ganz große Stütze für die SPG Scharnstein/Kremsmünster“, lobte Cheftrainer Martin Mistlberger vor einigen Monaten seine Spielführerin Jennifer Agrill. Nach der Auflösung der Spielgemeinschaft stellt Ligaportal die 31-jährige „Team-Managerin“ in einem Exklusiv-Interview vor:
Jenny, wer hat Dich wann erstmals für den Mädchen- und Frauenfußball-begeistert?
„Begonnen hat es damit, dass ich mit den Burschen in den Schulpausen kickte und dann in der gemischten U15-Mannschaft von Kremsmünster spielte, Nachdem ich dort das „Alters-Limit“ erreicht hatte, wurde zufällig das Frauenteam des SV Micheldorf gegründet und da war ich sofort mit Feuereifer dabei. Die anschließenden acht Jahre zählen für mich zu den schönsten Erinnerungen, u.a. der Vizemeistertitel 2006/07“.
Deine sonstigen bisherigen Stationen in der Fußball-Laufbahn?
„Nachdem zu unserer großen Enttäuschung die Frauenmannschaft vom SV Micheldorf 2013 kommentarlos abgemeldet wurde, wollte ich mich in einer höheren Spielklasse beweisen und wechselte 2013 zu Dionysen/Traun. Unter den hochklassigen Teamkolleginnen musste ich mich sehr hart zu einem Stammplatz durchkämpfen, schaffte es aber und bin sogar als Co-Kapitänin 2016 von dort geschieden. Dann schloss ich mich dem SV Scharnstein an und auch andere ehemalige Mitstreiterinnen bei Micheldorf, wie Sandra Geisberger, sind wieder zurückgekommen“.
Gab es auch noch andere Sportarten, in denen Du schon als Kind tätig warst?
„Faustball und Volleyball habe ich zwar ausprobiert, aber Fußball war für mich immer das Größte“.
Wie würdest Du einem hartnäckigen Skeptiker Dein leidenschaftliches Engagement für den Mädchen- und Frauenfußball erklären?
„Bei diesem Teamsport habe ich so viele Freundschaften geschlossen, die über einen Mannschaftssport hinausgegangen sind. Frauenfußball verkörpert für mich Werte wie Zusammenhalt, Zuverlässigkeit, auch Ehrgeiz, ich möchte ihn einfach nicht mehr missen““.
Bereits 2012 hast Du als Co-Trainerin das damalige U16-Team Oberösterreichs gemeinsam mit Wolfgang Wagenleitner betreut, warst Du zuvor selbst in der Auswahl aktiv?
„In den Anfangsjahren bei Micheldorf habe ich einige Spiele in der U18-Auswahl bestritten, als Trainerin habe ich dann 2012 erst hinein-“geschnuppert“, kein Vergleich mit meiner aktuellen Trainerinnen-Tätigkeit“,
Mit dem freiwilligen Abstieg der Traunerinnen 2016 in die O.Ö. Frauenliga bist auch Du ausgestiegen?
„Damals haben etliche Mannschaftsstützen bei Dionysen ihre Karriere, auch aus Altersgründen, beendet und ich bin zu Scharnstein „heimgekehrt“, weil u.a. auch meine Schwester hier spielte“.
Hattest Du selbst sportliche Vorbilder, welche Position ist Dir persönlich am liebsten?
Zum ersten Teil Deiner Frage: Nein, bevorzugt habe ich den defensiven Part der „Sechserin“, mangels Alternativen wurde ich in letzter Zeit aber in der Innenverteidigung aufgeboten“.
Deine „Highlights“ in der eigenen Karriere?
„Die tollen Saisonen in Micheldorf, der Cupsieg mit Dionysen 2014 mit dem 3:2-Finalerfolg gegen Garsten und das sensationelle Frühjahrsfinale 2018 mit dem SV Scharnstein."
Welche Negativ-Erlebnisse blieben Dir am längsten im Gedächtnis?
„Die Abmeldung des SV Micheldorf, weil sich die Teamkolleginnen dann in alle Winde zerstreuten, nach Windischgarsten, Traun, Scharnstein …. usw. „
Wurdest Du von schweren Verletzungen (Kreuzband, Meniskus) in Deiner Laufbahn gequält?
„Gottlob blieb ich bis heute davon verschont“.
2016 hast Du gemeinsam mit Manfred Feichtinger (Pettenbach) und Christoph Söllradl (Kematen) die Mädchen-Hobbyliga (MHL) gegründet, Eure Motivation dazu und Deine bisherigen Erfahrungen?
„Bei einer Zusammenkunft ist dieses Projekt eher zufällig kreiert worden, wir wollten den Mädchen schon ab elf Jahren einen Einstieg in den Fußball ermöglichen, mit kleinerer Spielfläche, kleineren Toren usw. Sie sollte sich „herantasten“ können an den Frauenfußball, Erfahrungen sammeln können und ihr Selbstbewusstsein gewinnen, sich weiterentwickeln können.“
Wie geht es nach der Trennung der SPG in der MHL weiter, mit Scharnstein und Kremsmünster?
„Ja, mit beiden Teams, denn TUS Kremsmünster verfügt insgesamt über 35 Spielerinnen für die Kampfmannschaft und die Mädchen-Hobby-Liga, in der MHL sind auch weniger Spiele zu absolvieren und manche Akteurinnen können im Rahmen der Statuten auch doppelt eingesetzt werden.“
Hat sich die Fusion 2019 zwischen Scharnstein und Kremsmünster zur Spielgemeinschaft im letzten Herbst bewährt?
„Unbedingt, wir sind auf Platz sechs gelandet, hatten ja schon zuvor eine Trainingsgemeinschaft, die hervorragend funktionierte“.
Bis vor kurzem wart Ihr auf Trainersuche, seid Ihr fündig geworden und warum hast Du nicht diesen Part übernommen?
„Günter Ernst wird unsere Kampfmannschaft betreuen, er ist schon lange ein fixer und wichtiger Bestandteil der Trainer und Betreuer der Gemeinschaft, der auch schon interimistisch die Männer trainiert hat. Ich möchte deshalb nicht als Spielertrainerin arbeiten, weil ich mich selbst noch als Spielerin weiterentwickeln möchte.“
„Powertrio „ pusht“ beide Mannschaften: von links: Stuntner-Ernst-Agrill (Foto. Verein)
Dazu gleich meine Frage: Wie sieht Deine Aufgabenstellung jetzt bei der TUS Kremsmünster aus?
„Gemeinsam mit Günther Stuntner betreue ich das 1b-Team in der MHL, agiere als Spielerin, organisiere Test-und Meisterschaftsspiele, koordiniere alle Termine und den Kantinendienst, bin zuständig im Team für Social Media wie Facebook und Instagram, auch im Vorstand der TUS Kremsmünster vertreten usw……"
Erwiesen sich jemals schulische oder berufliche Anforderungen so groß, dass Du Deine Aktivität im Fußball entscheidend einschränken musstest?
„Nein, deshalb habe ich auch um kein Auslandssemester im Studium beworben und auch stets mein Privatleben nach dem Fußball ausgerichtet, meine Prioritäten so gesetzt, dass der Fußball nicht zu kurz kam. Logisch, dass dadurch der eine oder andere Kinobesuch oder ein sonstige Freizeitaktivität auf der Strecke blieb, aber ich habe mein intensives Engagement nie bereut“.
Euer Standing als Frauen-Kampfmannschaft im Verein TUS Kremsmünster?
„Vom Rückhalt durch den Vorstand bin ich begeistert. Wir erhalten jede Unterstützung, die wir benötigen. Das Projekt „Frauenteam“ ist jedenfalls langfristig vorgesehen“.
Welche Zugänge habt Ihr?
„Die routinierte Sandra Walter, dazu kommen die Neulinge Melanie Kalleitner (aus Pettenbach), Lara Hubinger ,Nina Wiesmeyr, Alina Dietinger“.
Wie zufrieden bist Du generell mit dem Nachwuchs, sollten sich noch mehr Mädchen im Mädchen- und Frauenfußball engagieren?
„Da besteht sicher noch Luft nach oben, vor kurzem haben wir nach einem Schnuppertraining wieder einige Interessentinnen gewonnen. Die MHL wäre auch für Anfängerinnen das ideale „Sprungbrett“, im Mädchenfußball Fuß zu fassen und später auch bis in die Kampfmannschaft aufzusteigen“.
Eure Testspiele?
„Am heutigen Freitag treten wir um 19.15 Uhr bei der SPG Kematen/Neuhofen an, dann spielen wir am 9. August um 17 Uhr bei der SPG Aschach/St. Ulrich und empfangen am 16. August um 15 Uhr daheim Union Kleinmünchen 1c“.
Welche Maßnahmen sollte Deiner Meinung nach der OÖFV unbedingt setzen, um den Frauenfußball in O.Ö. attraktiver zu gestalten?
„Vielleicht könnte man sich am Steirischen Fußballverband orientieren, der alle Frauenfußball-Mannschaften finanziell unterstützt, ganz wichtig wäre auch ein Sponsor für sämtliche Frauenligen.“
Deine Wünsche für die sportliche Zukunft?
„Vor allem Gesundheit, möglichst keine schweren Verletzungen. Außerdem ist mein größter Wunsch, dass beide Projekte, die Kampfmannschaft und das Team für die MHL langfristig zu etablieren. Da steckt einfach zu viel Herzblut drinnen, jahrelange Mühen und Anstrengungen. Je nachdem, wie die Ligen-Einteilung dann lautet, peilen wir in der „alten“ Landeliga die Top-Fünf oder optimistisch Top-Drei an, in einer neuen Liga mit nicht so zahlreichen Titelanwärtern möchte ich sogar um den Meistertitel mitspielen.
Herzlichen Dank für das ausführliche Gespräch und alles Gute für Deine und Eure weiteren Pläne!
Wollen sich im Spitzenfeld der neuen Liga positionieren: die Ladies des TUS Kremsmünster! (Foto: Verein)
Helmut Pichler