OÖ-Liga

"Danke, Herr Präsident" - Ein Kommentar von Albert Kabashi

albert_micheldorf.jpgAm 9. Juni feierte der ATSV Stadl-Paura sein 60-jähriges Jubiläum. Im Zuge dessen gab es ein tolles Rahmenprogramm, unter anderem ein Legendenspiel, bei dem alte Freunde von unserem Spieler Christian Mayrleb gegen eine Auswahl der SV Ried antraten. Eine wirklich gelungene Veranstaltung, für mich war jedoch vor allem ein Gespräch von großer Bedeutung, jenes mit dem Präsidenten des Oberösterreichischen Fußballverbandes, Willi Prechtl. Es ging dabei vor allem um die Thematik E24-Spieler- bzw. Stammspielerregelung, die mir doch sehr auf der Zunge brannte. Ich hatte da meine eigene Meinung dazu, wie man sie eben als Trainer hat. Im Zuge dieses Gesprächs hat mich Prechtl aber zu hundert Prozent von beiden Regelungen überzeugt, meine Skepsis ist nun verflogen. Danke, Herr Präsident.


Der Verein als soziales System
Vor einigen Wochen hatte ich das Thema E24- und Stammspielerregelung im Kontext der Problematik, die der SV Sierning zurzeit hat, angesprochen. Oberösterreich ist das einzige Bundesland, in dem sich die Vereine an diese beiden Regelungen, die mir als Trainer doch auch das eine oder andere Mal Probleme bereiteten, halten müssen. Bei all meinen Trainerstationen war mir die Nachwuchsarbeit immer sehr wichtig, doch ganz war ich mit diesen beiden Regelungen nicht einverstanden. Das hat sich nun geändert, und das verdanke ich Herrn Prechtl. Er hat absolut recht, wenn er sagt, dass die beiden wichtigsten Säulen in einem Verein die Nachwuchsarbeit und die Infrastruktur sind. Ein Fußballverein ist ein soziales System, ein Ort, an dem man zusammenkommen, Kontakte und Freundschaften pflegen sollte. Letzendlich dient er auch der Prävention, man braucht nur an Jugendliche denken, die schon sehr bald mit Alkohol und Drogen in Berührung kommen.

Viele Vereine machen aber den dritten vor dem ersten und zweiten Schritt, wollen lediglich den schnellen Erfolg. Dabei denken sie nicht so sehr an den Nachwuchs, lassen die Kinder von unqualifizierten Trainern betreuen, die sie schlussendlich zum Aufhören oder zum Wechseln der Sportart veranlassen. Wenn ein Verein 100-200 Kinder betreut und ausbildet, muss es doch möglich sein, einen jungen Spieler in der Kampfmannschaft von Beginn an auflaufen zu lassen und zwei auf die Bank zu setzen. Bei der Stammspielerregelung ist es ähnlich. Von 16 Kaderspielern müssen in der OÖ-Liga sechs Stammspieler sein, fünf davon könnte man ja theoretisch auf die Bank setzen, und trotzdem bekommen die Vereine Probleme. Wie kann das sein? Wo ist da die Nachwuchsarbeit, frage ich mich. Viele Vereine machen nach außen ein gutes Bild, innen sieht es aber ganz anders aus, irgendwann zerfällt dieses Kartenhaus.

Verlust der Identifikation
Kein Wunder, dass auch die Zuschauerzahlen zurückgehen, natürlich interessiert sich ein Fan nicht für Spieler, die kilometerweit anreisen, um für den Verein zu spielen. Denken wir zurück, als fast alle Spieler noch für den Heimatort spielten, nach dem Training zusammengesessen sind, einen freundschaftlichen Umgang hatten. Natürlich kann jetzt keiner mehr sitzen bleiben, muss sofort ins Auto steigen, um Heim zu fahren. Da geht die Identifikation mit dem Verein verloren. Viele Verantwortliche jammern jetzt über diese Regelungen, doch sie sollen genau diesem Verlust der Identifikation vorbeugen.

Darüber hinaus muss natürlich auch die Infrastruktur passen, es kann nicht sein, dass ein Verein in der OÖ-Liga spielen will, aber nicht einmal gute Bälle für den Nachwuchs, einen guten Trainingsplatz oder eine eigene Heimstätte hat. Es ist traurig, wenn ein Sponsor bei einem Verein einsteigt, dieser hoch hinaus will, aber die Infrastruktur eines 1. Klasse-Vereins hat. Das ist zu kurzsichtig gedacht, das hilft am Ende weder dem Sponsor noch dem Verein. Jetzt wäre die Zeit, um über solche Dinge nachzudenken, um die Zügel in die Hand zu nehmen und das Ganze in richtige Bahnen zu lenken. Ich hoffe wirklich, dass da weiterhin ein Umdenken einsetzt, was ja auch aufgrund dieser Regelungen teilweise schon passiert ist. Als Trainer leidet man besonders unter Erfolgsdruck, doch man sollte nicht vergessen, dass beim Fußball eben auch all diese anderen Komponenten eine wichtige Rolle spielen.

Die "Muster"-Vereine
Es gibt natürlich auch positive Beispiele in Oberösterreich, angefangen ganz oben bei der SV Ried, die in beiden Punkten, Nachwuchs und Infrastruktur, wirlich top ist. Da sind aber auch Vereine wie die Union Vöcklamarkt, der SV Micheldorf, der SV Gallneukirchen oder der SC Marchtrenk zu nennen. Bei Marchtrenk war es so, dass man den Schnitt eher aus der Not heraus machen musste, doch auch das kann ein Weg sein, irgendwann muss endlich Schluss sein. Ich war schon immer von diesen Dingen überzeugt, Herr Prechtl hat mich in unserem Gespräch aber noch einmal auf all diese Dinge, die ich jetzt genannt habe, aufmerksam gemacht. Ich muss ihm da zu 100 Prozent zustimmen. Ich bin froh, dass wir in Oberösterreich Verantwortliche haben, die langfristig denken und sich über solche Dinge gedanken machen. Deshalb noch einmal, danke, Herr Präsident. 

von Albert Kabashi

Foto-Slide: LUI