Landesliga

Klassiker von den steirischen Plätzen - hier ist das neue Tribünen-Bingo

Wer kennt es nicht? Man steht an einem verregneten Samstag irgendwo in der Steiermark auf der Tribüne eines Amateurspiels. In der einen Hand die Schnitzelsemmel, in der anderen ein Bier – und die Kommentare der Fans sind das wahre Highlight des Tages. Diese Sprüche, voller Leidenschaft, Ironie und oft unfreiwilligem Humor, sind das Salz in der Suppe des Fußballs weit abseits der großen Arenen. Hier sind einige Klassiker, die jeder kennt, der schon einmal einen Nachmittag oder Abend auf den Plätzen in den steirischen Ligen verbracht hat.

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"Fünf Meter Abseits!"
Das universelle Argument für jeden schnellen Angriff der Gastmannschaft. Dieser Ruf erfüllt zwei Funktionen: Er entlastet die eigene Abwehr und signalisiert dem Schiedsrichter, dass die Fans auf der Tribüne es ganz genau gesehen haben – auch wenn sie zwanzig Meter entfernt stehen. Merke: Niemals bei der eigenen Mannschaft anwenden!

"Vire, vire – die Idee woa richtig!"
Ein Ausruf für Fans, die stets an das Offensivpotenzial ihrer Mannschaft glauben – auch dann, wenn der Ball seit zwanzig Minuten nicht über die Mittellinie gekommen ist. "Vire" heißt im Dialekt „vorwärts“ und steht sinnbildlich für den unerschütterlichen Optimismus, der den Amateurfußball ausmacht.

"Der steht eh glei wieder!"
Wenn ein gegnerischer Spieler am Boden liegt, ist dieser Satz schnell zur Hand – zumindest bis der Krankenwagen vorfährt. Die Stehauf-Mentalität wird in der Welt des Fußballs gern überschätzt, vor allem, wenn es der Gegner ist.

"Mehr Werbung passt bei denen eh nicht aufs Dress!"
Vom lokalen Autohaus über die Pizzeria bis zur Versicherung – das Dress gleicht einem wandelnden Werbeschild. Die Fans fragen sich, ob die Spieler beim Laufen überhaupt noch Luft bekommen oder ob sie nur ein rollendes Sponsoren-Plakat sind. Hauptsache, es bleibt Platz für die Rückennummer.

"Schiass, da Rosn is nass!"
Der Regen prasselt, der Platz ist aufgeweicht, und der Spieler zögert. Jetzt braucht es diesen Ratschlag von der Tribüne: Einfach mal draufhalten, der Ball wird schon irgendwie durchrutschen. Dass der Spieler mittlerweile aussieht wie aus einer Waschmittelwerbung, spielt dabei keine Rolle.

"Schiri, wo is dei Blindenhund?"
Ein Evergreen. Ob in der 1. Klasse oder der Champions League – die Schiedsrichterleistung wird grundsätzlich kritisch gesehen. Seit es Schiedsrichter gibt, haben sie die undankbare Aufgabe, der Schuldige für alles zu sein, was schiefläuft.

"Schiri, bist aungsoffn?"
Die Ergänzung zum Blindenhund. Diese Kritik entfaltet ihre volle Wirkung, wenn sie von einem Fan kommt, der selbst mit einem Bierbecher in der Hand auf der Tribüne steht.

"Mit schwoaze Schuh hätt er den getroffen!"
Die guten alten Zeiten – damals, als Fußballschuhe noch schwarz waren und Tore wie von selbst fielen. Heute, so die Tribünenweisheit, scheitert ein Stürmer nur, weil seine Schuhe rosa sind. Aber wehe, derselbe Spieler trifft später mit diesen Schuhen den Siegtreffer – dann heißt es: "Toooor! Host gsehn, wia der den mit die rosa Patscherl einigschobn hat?"

"Der Stürmer ist auch gut im Futter!"
Ein Stürmer, der sich lieber in der Kantine als im Strafraum beweist, sorgt für spitze Kommentare. Jeder verpasste Ball, jede verlorene Laufduell wird mit einem kritischen Blick auf die Figur des Spielers untermalt. Am besten lässt man den Spruch bei der nächsten Leberkässemmel.

"Immer diese Rückpässe!"
Nichts bringt die Tribüne mehr zur Verzweiflung, als wenn der Ball immer wieder zum Torwart zurückgespielt wird. Vorwärts, Männer! Vire! Und wenn das nicht klappt, bleibt immer noch der Zuruf: "Hau die Kugl weit aussi!"

"Hau die Kugl weit aussi!"
Ein Klassiker, der in jedem Spiel Anwendung findet. Wenn nichts mehr geht, gilt: Hoch und weit – das bringt Sicherheit. Ein Ruf, der vom Keeper bis zum Verteidiger für alle Positionen geeignet ist.

"Den hätt da frühere Goalie mitm Kapperl gfangn!"
Torhüter werden immer an ihren Vorgängern gemessen. Und in der Rückschau waren die früheren Keeper stets überragend – zumindest, solange sie nicht mehr aktiv sind.

"Statt dem Goalie kannst a Handtuch ins Tor hängen!"
Ein bitterböser Kommentar nach einem Patzer des Torwarts. Die besondere Tragik: 87 Minuten fehlerfrei gehalten, ein Fehler – und schon ist er der Sündenbock.

"Schiass – der Goalie konn eh nix!"
Auf der anderen Seite des Platzes gibt es natürlich auch einen Tormann. Und über den ist man sich auf der Tribüne völlig einig: Der kann nichts. Ein bisschen Psychologie gehört eben dazu.

"Der Tormann glaubt auch, er ist der Manuel Neuer!"
Wenn der Torwart riskante Dribblings in der eigenen Box versucht oder auf halbem Weg zur Mittellinie plötzlich den Ball verliert, kommt dieser Spruch wie aus der Pistole geschossen. Eine sanfte Erinnerung daran, dass es nur einen Manuel Neuer gibt – und der spielt nicht in der 1. Klasse Steiermark.

"Imma da Gleiche!"
Der Schiedsrichter lässt die Karten stecken, und die Tribüne brodelt. Die Fans sehen die wiederholten Fouls des Gegners und fordern Gerechtigkeit – ganz unabhängig davon, wer eigentlich der Übeltäter ist.

"Das Beste hier ist die Kantine – das Spiel kannst eh nicht anschauen."
Für viele Fans ist die Kantine nicht nur das kulinarische Zentrum des Fußballplatzes, sondern auch der Hauptgrund, warum man überhaupt kommt. Während auf dem Spielfeld Fehlpässe und fragwürdige Taktiken regieren, glänzt die Kantine mit frisch gezapftem Bier und warmen Leberkässemmeln. Manch einer bleibt lieber gleich dort stehen, wo der wahre Genuss stattfindet.

"I hob söwa kickt!"
Ein Satz, der den Status als Experte untermauert. Und natürlich war man selbst ein Kämpfer, der für den Verein alles gegeben hat – bis die Verletzung kam.

"Was machen die im Training?"
Diese Frage kommt spätestens nach dem dritten Fehlpass in Folge. Die Antwort bleibt offen, aber die Vermutung liegt nahe: Laufen und Standards gehören wohl nicht zum Programm, zumindest sieht das der Fan gerade so.

"Der Arzt rennt schnella wie unsre Kicker!"
Wenn die Heimmannschaft nicht in Form ist, holt sich selbst der Sanitäter mit seinem Eisspray Applaus für seine Laufleistung. Bittere Realität, verpackt in einen Lacher.

"Fia sowas zahlt ma Eintritt!"
Ein universelles Zeichen des Frusts, wenn das Spiel so gar nichts hergibt. Nach dem Abpfiff wird dann angekündigt, dass man nie wieder ein Spiel besuchen wird – zumindest bis zum nächsten Heimspiel.

"Ich komme nie mehr hierher! Seit 20 Jahren tu ich mir das an!" - Variante 2
Ein Ritual, das zu jedem Spiel dazugehört. Am Ende eines besonders enttäuschenden Spiels kündigt man an, nie wieder zu kommen – nur um spätestens beim nächsten Heimspiel wieder da zu sein.

"Wechsel amoi!"
Der Trainer wartet zu lange mit den Wechseln? Kein Problem, die Tribüne weiß genau, wer jetzt reingehört.

"Imma wechselt er so spät!"
Endlich kommen neue Spieler, aber natürlich sind es nicht die Richtigen. Der Experte auf der Tribüne hätte es besser gemacht.

"Immer diese späten Wechsel!" - Variante 2
Der Trainer wartet, bis es fast zu spät ist, und dann bringt er... einen Verteidiger. Der Tribünenexperte versteht die Welt nicht mehr. Warum nicht gleich einen dritten Torwart einwechseln? Die Frustration über die Coaching-Entscheidungen ist dabei oft größer als der Rückstand auf dem Platz.

"Der Trainer würde sich am besten selber einwechseln!"
Manchmal glaubt man, der Trainer hätte auf der Bank mehr Energie als seine Spieler auf dem Platz. Der Tribünenrat schlägt daher vor, dass er doch gleich selbst die Verantwortung übernehmen könnte – schließlich weiß er ja am besten, wie es geht.

"Taktik? Was braucht man sowas? Gebt ihnen eine Kiste Bier, und die rennen schon!"
Die leidenschaftliche Abwehr gegen jede Form von Fußball-Feinheiten. Wer braucht Spielsysteme, wenn Motivation in Flaschenform geliefert werden kann? In der Amateurklasse zählt Kampfgeist mehr als jede taktische Finesse – zumindest auf der Tribüne.

"I hobs jo gwusst!"
Und am Ende, wenn der eingewechselte Spieler tatsächlich den Siegtreffer macht, waren sich natürlich alle einig, dass der Trainer schon wusste, was er tut. Zumindest für diesen Moment.

Bericht Florian Kober

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