OÖ-Liga

„Meister-Worte“ – präsentiert von Ligaportal-Experte Karl Meister

Karl Meister3An jenem Montag letzter Woche, an dem sein Ex-Schützling Lorenz Reisinger das letzte Mal mit seinen Teamkollegen in Weißkirchen trainierte, saß der vierfache Familienvater Karl Meister, der selbst seinen damals dreijährigen Sohn Roland bei einem Badunfall fast verloren hätte, mit Ligaportal-Redakteur Milan Vidovic zusammen. Man sprach über seine neue Kolumne „Meister-Worte". Dass die erste Ausgabe von „Meister-Worte" für den Ex-Weißkirchen Trainer die schwierigsten Zeilen seiner Experten-Tätigkeit bei ligaportal.at werden würden, konnte damals noch keiner ahnen. Seit Mittwoch steht die OÖ-Liga-Gemeinde unter Schock, ging doch einer von uns viel zu früh. Vergessen, null und nichtig die sportliche Talfahrt samt Abstieg aus der Oberösterreich-Liga nach Meisters beruflich bedingtem Abgang von Weißkirchen. Karl Meister erinnert sich in seinem Nachruf an den Tag des Lorenz Reisinger.

 

„Meister-Worte" – unpassender könnte der Titel meiner neuen Kolumne nicht sein. Richtige Worte für ein Thema zu finden, dem wir machtlos gegenüber stehen, ist schwer. Der Verlust eines lieben Menschen macht uns hilflos. Immer wieder die Frage warum, welche kein meisterlicher Experte, kein Mensch auf der Welt tröstend beantworten kann. Das Ableben eines Menschen, das wir am liebsten aus dem Leben streichen wollen, weil wir nicht wissen, wie wir mit dem Thema umgeben sollen. Die Angst der Leute, die falschen Worte zu finden, welche ich beim Schreiben dieser Kolumne auch verspüre, lähmt. Doch der Tod lässt sich nicht aus dem Leben streichen. Er riss Lorenz Reisinger am Mittwochmorgen völlig unerwartet aus der Mitte seiner Familie, Freunde, Mitschüler und Teamkollegen. Was sind das für Osterfeiertage für die Familie Reisinger? Den Sohn, Bruder, der mitten im Leben stand, viele Freunde und eine funktionierende Beziehung hatte, an eine heimtückische Krankheit verloren.

Ich wünsche der Familie von Lorenz, seinen Freunden und meinem Ex-Verein Weißkirchen viel Kraft in dieser schweren Zeit. Zur Erinnerung an den Tag des Lorenz Reisinger die nächsten Absätze:

altLangzeitcoach Juan Bohensky warf in Weißkirchen nach Runde acht das Handtuch. Bei der Suche nach dem neuen Trainer für die Radio OÖ-Liga-Mannschaft fiel die Wahl der Verantwortlichen, darunter Sektionsleiter Peter Reisinger, der Vater von Lorenz, und Hannes Neuweg, auf mich. Ich war Cheftrainer in einer Sportart, die seit letztem Mittwoch in Weißkirchen die unwichtigste Nebensache der Welt ist. Warnten mich einige vor der „untrainierbaren" Weißkirchen-Elf, wurde in der einzigen Trainingswoche vor meinem Trainerdebüt das Lazarett auch größer. Bereits in den ersten Trainings merkte ich, dass es sich bei dem damals 16-jährigen Lorenz Reisinger um ein beidbeiniges Ausnahmetalent handelt. Donnerstabend bei der Spielerbesprechung dann für manche die Überraschung. „Lorenz, du spielst morgen fix, du bist auf der Sechserposition meine Nummer eins." Die Vorfreude beim Schüler war groß, war es doch sein erstes OÖ-Liga Spiel von Beginn an. Am Freitagvormittag drückte er am BRG Wallererstraße in Wels noch die Schulbank. 90 Minuten vor Spielbeginn trafen wir uns am Weißkirchner Sportplatz. Wir schrieben den 14. Oktober 2011. Die Heimpartie gegen den späteren OÖ Cupsieger Micheldorf stand am Programm. Ein schwerer Brocken, waren die Micheldorfer zu dieser Zeit doch sehr gut in Schuss. Man sah schon in der Kabine das Feuer in den Augen der Spieler. Die Körpersprache von Jungspund Lorenz Reisinger war positiv. Ich versuchte ihn noch stark zu reden, das nötige Selbstvertrauen für das Match gegen die wesentlich erfahrenere Waldhör-Elf mitzugeben.

Eine TV-Station war gekommen, um das Spiel und meinen Trainereinstand zu verfolgen. Der sportliche Leiter Hannes Neuweg wollte im Interview vor Anpfiff, über das wir später geschmunzelt haben, noch den Druck von der Mannschaft nehmen: „Ich möchte mich nicht vorweg schon für eine etwaige Niederlage entschuldigen, aber wir müssen auf Grund von Ausfällen heute mit zwei 16-jährigen beginnen." Einen Druck, mit dem der disziplinierte Vollblutfußballer Lorenz Reisinger, bereits in jungen Jahren sehr gut umgehen konnte. Das Flutlicht war an. Die richtige Bühne für den Youngster, um sich ins Scheinwerferlicht zu spielen. Kein Anzeichen von vollen Hosen oder Erstarrung vor Nervosität auch in der Anfangsphase. Aggressiv, einsatzfreudig die ersten Zweikämpfe gewonnen gegen körperlich überlegene Gegner. Lorenz spielte im Alter von 16 Jahren, in welchem ich selbst noch bei meinem Stammverein St. Georgen im Attergau in der Bezirksliga herumkrebste und meine Söhne unter mir als Trainer beim UFC Eferding in der 2. Landesliga hin und wieder auf der Bank saßen, als wäre er schon jahrelang auf der OÖ-Liga Bühne gestanden. In Minute 26 dann das erlösende Tor von Daniel Makowski zum 1:0. Die Abwehrschlacht begann. Wir konnten uns zurück ziehen und auf Konter spielen. Lorenz Reisinger weiterhin ohne Fehler. Am Ende ließen auf Grund des aufwändigen Spielstils bei den Akteuren natürlich die Kräfte nach. Wechsel eins bis drei wurden getätigt. Doch Lorenz Reisinger, der an diesem Tag das erste Mal in der Startformation stand, spielte durch, lief, kämpfte wie ein Löwe für seine Mannschaft und übertraf sich selbst. Nach 92 Minuten wurde er vom Schiedsrichter mit dem Schlusspfiff für seine tolle Leistung belohnt.

Der Fischer Lorenz Reisinger zog nach seiner ersten vollen Spielzeit in der höchsten oberösterreichischen Spielklasse und einer Leistung vom Feinsten ein Prachtexemplar an Land - Sieg. A Star was born. Ich wusste, dieses Talent musste ich behutsam aufbauen, darf es nicht durch Dauereinsätze mit 16 Jahren verbrennen. Ein 16-jähriger Rohdiamant kann noch nicht konstant über eine ganze Meisterschaft grandiosen Fußball spielen, aber dieses Spiel zeigte, dass er in ein paar Jahren eine ganz wichtige Fixgröße in der OÖ-Liga sein würde oder sogar einmal im Profifußball Fuß fassen könnte.

Doch nun ist alles aus – Lorenz hat seinen wichtigsten Abwehrkampf gegen eine Krankheit verloren. Der Ball rollt weiter, auch im Sinne von Lorenz Reisinger. Seine Teamkollegen aus Weißkirchen werden den Abstiegskampf heuer in der 2. Landesliga im Gedenken an Lorenz ab Karsamstag erfolgreich bestreiten. Einer der im Juni bei der Saisonabschlussfeier unter ihnen weilen wird – Lorenz Reisinger, der mit seinem ersten Pflichtspieltor gegen St. Magdalena zum 1:1-Endstand, das ich zufällig auch live erlebt habe, Weißkirchen wieder auf die Erfolgsspur im Abstiegskampf zurück gebracht hat. Unweit der Stätte seines ersten Pflichtspieltors werden wir am Mittwoch von Lorenz Abschied nehmen. Es werden wahrscheinlich auch einige Freunde aus der OÖ-Liga anwesend sein. Aus einer Liga, in die du auf Grund deines Talents, Siegeswillens und deiner Disziplin, mit 16 schon sehr gut gepasst hast. Danke auch, dich als Mensch kennen gelernt zu haben. Den Mythos von der „schwierigen" Weißkirchen-Elf habt du und deine Kollegen vom ersten Training an widerlegt.

 

Menschen treten in unser Leben

und begleiten uns eine Weile.

Einige bleiben für immer,

denn sie hinterlassen ihre Spuren in unseren Herzen.