Für die Mädels des SV RoHol Edelholz Windischgarsten ging sie bis vor kurzem auf Torejagd und gleichzeitig leitet die Steirerin „step by step“ Spiele im Nachwuchsbereich und von Kampfmannschaften; das Ligaportal sprach mit der Steirerin:
Ligaportal: Sabine, wann haben Sie Ihr Herz für den Fußball entdeckt?
„Eigentlich hatte ich gar keine andere Wahl – der Fußball war von Anfang an Teil meines Lebens. Meine Mama stand selbst schon als junges Mädchen am Platz, und so wurde mir die Leidenschaft praktisch in die Wiege gelegt. Mit vier Jahren schnürte ich dann erstmals selbst die Schuhe im Verein, trainiert von niemand Geringerer als meiner eigenen Mutter. Seitdem lässt mich dieser Sport nicht mehr los.“
Was waren bisher Ihre wichtigsten Stationen in der FußballerInnen-Karriere?
„Meine fußballerische Reise begann im Alter von vier Jahren beim WSV Liezen, meinem Heimatverein. Dort wuchs ich spielerisch heran, kickte bis zur U15 gemeinsam mit den Jungs und sammelte wertvolle Erfahrungen. Als dann eine Damenmannschaft gegründet wurde, war für mich klar: Das wird mein nächstes Kapitel. 2023 folgte der sportlich besondere Schritt zum Stadtrivalen SC Liezen – ein Wechsel, der mich weiter reifen ließ. Im Jahr 2024 wagte ich dann den großen Sprung nach Oberösterreich zum SV Windischgarsten in die ÖO- Liga, um mich neuen Herausforderungen zu stellen und mich als Spielerin weiterzuentwickeln.
Im Sommer 2025 folgte dann ein schmerzhafter, aber zugleich richtiger Schritt: Ich beendete meine aktive Fußballkarriere, um mich voll und ganz auf meine Laufbahn als Schiedsrichterin konzentrieren zu können.“
Wie kam es zur „Parallel-Laufbahn“ als Referee, was hat Sie dazu motiviert?
„Im Sommer 2023 wurde ich durch zwei Schlüsselbeinbrüche jäh ausgebremst. Die verletzungsbedingte Pause war zwar schwierig, eröffnete mir aber eine neue Perspektive: Anstatt tatenlos zuzusehen, entschied ich mich, die Ausbildung zur Schiedsrichterin zu beginnen. So konnte ich dem Fußball treu bleiben und den Sport aus einem völlig neuen, faszinierenden Blickwinkel erleben.“
Könnten Sie mir bitte, Ihren Ausbildungsweg „skizzieren“!
„Mein Ausbildungsweg begann im September 2023 mit zwei intensiven Schulungstagen in Graz. Dort erlernten wir die Grundlagen des Regelwerks, absolvierten einen Regeltest und mussten einen Lauf-Test bestehen. Wenn man diese ersten Hürden gemeistert hat, ist man grundsätzlich einsatzbereit. Die praktische Ausbildung findet dann in den jeweiligen Bezirken statt – bei mir im Schiedsrichtergebiet Enns. In den ersten Spielen wird man von erfahrenen Kolleginnen und Kollegen begleitet, die wertvolle Tipps geben und den Einstieg erleichtern. Im Oktober 2024 stand für mich ein wichtiger Meilenstein an: mein Prüfspiel. Das war mein erstes Herrenspiel, bei dem ich beobachtet wurde. Fällt die Bewertung positiv aus, ist man offiziell im Herrenfußball angekommen.
Ein weiterer Höhepunkt folgte im März 2025: die Einladung zum ÖFB-Frauen-Eliteseminar in Salzburg. Das war eine riesige Freude für mich – dort lernte ich Kolleginnen aus ganz Österreich kennen und erhielt spannende Einblicke in die Arbeit des Verbandes.
Im April desselben Jahres durfte ich schließlich mein Debüt in der Frauen-Bundesliga als Assistentin feiern. Das war ein absolutes Highlight und seitdem bin ich fixer Bestandteil im Team der Frauen Bundesliga-Schiedsrichterinnen.“
Welche Auswirkung hatte das jetzt auf Ihr eigenes Spiel in der Kampfmannschaft?
„Natürlich war ich als Spielerin nicht immer ein Vorbild, wenn es darum ging, unauffällig zu bleiben. Ich wusste sehr genau, was ich machen konnte, ohne dass es dem Schiedsrichter auffiel – und wie ich mit ihm diskutieren musste. Ich hatte schon als Spielerin gerne recht – und heute verstehe ich das Regelwerk wie wahrscheinlich kaum eine andere Spielerin am Platz.
Aber eines sage ich immer mit einem Schmunzeln: Ich würde mich selbst als Spielerin niemals pfeifen wollen. Das sagt wahrscheinlich alles.
Trotzdem gilt für mich heute mehr denn je: Ich begegne jeder Kollegin und jedem Kollegen mit Respekt – denn ich weiß genau, wie anspruchsvoll dieser Job ist.“
Haben Sie mit Vorurteilen der Männer zu kämpfen?
„Natürlich ist man immer wieder Vorurteilen ausgesetzt – das ist Teil des Geschäfts. Aber am Ende zählt für mich nur, was ich auf dem Platz zeige. Ich pfeife unter denselben Bedingungen wie meine männlichen Kollegen: mit den gleichen Lauf- und Regeltests und nach den gleichen Regeln. Damit ist, glaube ich, vieles gesagt.
Gerade in ländlichen Regionen ist es für manche Spieler noch ungewohnt, wenn plötzlich eine Frau das Spiel leitet. Aber ich gebe jedes Mal mein Bestes, um mögliche Vorurteile gar nicht erst aufkommen zu lassen – und wenn doch, dann widerlege ich sie am liebsten durch Leistung.“
Würden Sie sich als „streng“ bezeichnen, immerhin stehen bei Ihnen in 63 Spielen 52 „gelbe“, 1 „Ampel“ und 3 rote Karten zu Buche?
„Ich würde mich nicht unbedingt als „streng“ bezeichnen. Ich habe in jungen Jahren schon sehr viele Erfahrungen im Fußball gesammelt – dadurch erkenne ich sehr gut, welche Aktionen aus der Intensität des Spiels entstehen und wann jemand bewusst über die Stränge schlägt.
Ich setze klare Grenzen und greife ein, wenn es zu viel wird. Am Ende hängt vieles vom Charakter der Partie ab: Manche Spiele sind hart umkämpft und verlangen mehr Konsequenz, andere laufen beinahe von selbst.Mein Ziel ist nicht, möglichst viele Karten zu zeigen, sondern ein faires Spiel sicherzustellen.“
Wie lassen sich Ihre sportlichen Aktivitäten zeitlich mit Ihrem Beruf vereinbaren?
„Zeitlich ist es definitiv eine Herausforderung, denn ich befinde mich gerade im Maturajahr an der BAfEP Liezen – und da möchte ich sowohl in der Schule als auch am Fußballplatz mein Bestes geben. Das bedeutet manchmal kurze Nächte und ein sehr durchgetaktetes Alltagspensum.
Trotzdem gelingt es mir gut, weil mir beides unglaublich viel bedeutet. Die Schule bereitet mir große Freude, und viele Lehrerinnen und Lehrer unterstützen mich und sind begeistert von meinem sportlichen Weg. Das macht es persönlich wesentlich leichter, Ausbildung und Leistungssport unter einen Hut zu bringen.“
Ihre größten Wünsche für die sportliche Zukunft?
„Natürlich hege ich den großen Traum, eines Tages FIFA-Schiedsrichterin auf internationalem Niveau zu werden. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg – aber genau dieser Weg motiviert mich jeden Tag. Mein nächstes großes Ziel ist daher mein Debüt als Schiedsrichterin in der Frauen-Bundesliga. Gleichzeitig habe ich auch abseits des Fußballplatzes klare Vorstellungen: Ich möchte Sportlehrerin werden und möglichst viele Kinder mit meiner Leidenschaft für Bewegung anstecken. Denn ich bin überzeugt: Im Sport ist alles möglich – ganz egal, ob man ein Mädchen oder ein Junge ist. Und wenn ich andere inspirieren kann, ihren eigenen Weg zu gehen, wäre das für mich mindestens genauso wertvoll wie jeder sportliche Erfolg.“
Vielen Dank für Ihre spannenden Einblicke und Alles Gute für Ihre weitere Zukunft!
Helmut Pichler