Der SV Windischgarsten lag in der zweiten Runde des OÖ Frauen-Cups in der 81. Minute bei der Union Neuhofen/Krems durch Gegentore von Tina Sindelar, Lisa Klebinder und Melanie Heidlmayr scheinbar aussichtlos mit 0:3 im Rückstand, als dem Herbstmeister der Frauenklasse Ost noch eine sensationelle Aufholjagd gelang. Bis zur 90. Minute glichen Lena-Clara Sonntagbauer, Valentina Priller und Sandra Geisberger aus. Nadine Müller brachte die Gäste in der 103. Minute mit 4:3 in Führung, Lena Sonntagbauer baute in der 110. Minute auf 5:3 aus, ehe Lisa Klebinder bzw. Kerstin Tulnik den Endstand von 6:4 für Windischgarsten fixierten. Helmut Pichler sprach mit Bernhard Müller, der einen "Hälfte" des Erfolgsduos Müller/Rohrauer, über die Sternstunde des Herbstmeisters. Auch Neuhofens Trainer Jürgen Rakowitz stand trotz der bitteren Niederlage zu einem Gespräch zur Verfügung.
Gratulation an das tolle Trainer-Team, warum seid Ihr nach der ersten Spielhälfte schon in Rückstand geraten?
Bernhard Müller: "Jedes dieser Spiele zwischen Neuhofen und Windischgarsten weist beinahe Derby-Charakte“ auf, weil beide Teams sich in etwa in der Spielstärke die Waage halten. Unsere Spielerinnen gerieten in der siebenten Minute in Rückstand und haben dann auf den Ausgleich gedrängt. Leider fiel auch noch nach einem Abwehrfehler das 0:2 und trotz unserer Angriffsbemühungen meine ich, sind die Mädels zu wenig gelaufen. Taktisch haben wir dann zur Pause die Viererkette aufgelöst und deshalb auch in der zweiten Spielhälfte mehr Druck entwickelt. Unsere „ Last Minute-Tore" waren das Ergebnis plötzlich unbändigen Siegeswillens und bester Kondition."
Habt ihr noch an den Sieg noch geglaubt?
"Eine unserer Gegnerinnen meinte in der 83. Minute zu unserer Spielerin: „Diesmal gewinnen wir, worauf die Windischgarstnerin antwortete: „Wart`s ab, wir brauchen nicht so lange zum Tore schießen!“
Konntet ihr mit der Wunschelf antreten?
"Nein, zum Beispiel musste unsere Abwehr ausfallbedingt umgebaut werden und auch Patrizia Pretschuh fehlte uns im Angriff."
Wer war für die Taktik verantwortlich?
"Co-Trainer Philipp Rohrauer hat auch diesmal richtig getüftelt und dann das richtige Rezept gefunden, wie schon gegen Mondsee. Bei der Umstellung auf „Libera“ waren wir schnell einig und es hat sich ausgezahlt."
Wie wertvoll ist dieser Überraschungssieg für euch?
"Das Erfolgserlebnis wird unsere Mädels noch länger beschäftigen. Schon gegen Scharnstein haben wir in der Meisterschaft in den allerletzten Minuten noch ausgeglichen, vielleicht kam diesmal auch diese Erinnerung wieder hoch."
Euer Wunschgegner für die nächste Runde - in der dritten Runde stoßen ja die sieben oberösterreichischen Klubs der 2.Liga Mitte/West dazu?
"Wir haben auf ein Duell mit Micheldorf gehofft, aber leider sind die Grün-Weißen schon gegen Nebelberg ausgeschieden. Im Ernst, wir freuen uns auf jeden Gegner und sehen jedes Spiel als Bereicherung an. Wenn`s auch noch ein Heimspiel gegen einen höherklassigen Verein ist, wäre es umso schöner."
Dann danke ich dir für das Gespräch und wünsche euch weiterhin viel Erfolg in Meisterschaft und Cup!
Auch mit Jürgen Rakowitz (Neuhofen/Krems) unterhielt sich Helmut Pichler nach dem doch überraschenden Ausscheiden.
Wie verliert “Frau“ ein Spiel in den letzten zehn Minuten bei einer 3:0-Führung?
Jürgen Rakowitz: "Eine gute Frage, hier mein Versuch einer Erklärung. Wir wurden nach dem 1:3 nervös und unser sehr junges Team musste der mangelnden Routine Tribut zollen. Der Gegner hat alle Kräfte mobilisiert und alles nach vorne geworfen. Dann kam bei zwei Distanzschüssen auch noch ein wenig Spielglück für Windischgarsten dazu. Man darf nicht vergessen, wir mussten sechs Standardkräfte ersetzen, darunter unsere Stützen Gerstmayr, Schmid usw. Zum Teil kamen Spielerinnen bei dieser „Feuertaufe“ zum Einsatz, die erst vor einigen Monaten mit Fußball begannen. Dabei war ich mit dem Einsatz der „Debütantinnen“ mehr als zufrieden, aber je länger das Spiel dauerte, umso mehr schwanden die Kräfte unserer sehr jungen Mannschaft. Deshalb habe ich mir auch In der Verlängerung keine Chancen mehr ausgerechnet."
Wie hitzig war das Derby?
"Nun, Emotionen in gewissem Rahmen gehören zum Fußball, aber trotz aller Rivalität spielen wir sehr gerne gegen diese Mannschaft. Hier begegnen sich zwei Teams auf Augenhöhe und spielen herzerfrischend nach vorne."
Wie zufrieden bist du mit dem Kader?
"Wir haben derzeit eine Kader von 22, 23 Spielerinnen und können uns über mangelndes Interesse überhaupt nicht beklagen, weil der Zulauf anhält. Allerdings weisen wir im Kader noch große Leistungsunterschiede auf, weil wir, wie erwähnt, neben routinierten, jahrelang erprobten Fußballerinnen auch Debütantinnen haben. Diesen jungen Kräften müssen wir Zeit zum Reifen geben. Jedenfalls freue ich mich über die Begeisterung und Attraktivität, die unsere Mannschaft ausstrahlt. Da lässt sich auch eine Niederlage wie gestern verschmerzen."
Dein Resümee über das Abschneiden in der Herbstmeisterschaft?
"Mit unserem dritten Platz im Herbst bin ich sehr zufrieden, wie gesagt, wir können uns innerhalb des Kaders noch immer verbessern und versuchen, das Niveau einigermaßen zu vereinheitlichen. Außerdem könnten uns noch einige Verstärkungen gelingen, womit wir noch mehr Luft nach oben hätten."
Dann danke ich dir für die Bereitschaft, auch nach dieser Niederlage Stellung zu nehmen und wünsche euch gutes Gelingen bei euren künftigen Unternehmungen.
Dr. Helmut Pichler