Als erste Oberösterreicherinnen wagten kürzlich die beiden Kleinmünchen-Stützen Christina Pesendorfer (75 Spiele/10 Tore) und Leoni Enzlmüller (93/14) den „Sprung über den Großen Teich“in die USA. Enzlmüller, die frühere Spezialistin für Standards, schildert im anschließenden Interview ihre ersten Eindrücke von ihrer Mega-Reise in die Vereinigten Staaten von Amerika:
Leoni, wie bist Du auf die Idee zu diesem Auslands-Engagement gekommen?
„2019 habe ich maturiert und danach ein freiwilliges soziales Jahr gemacht. Im Sommer 2020 habe ich dann ein Studium in Wien begonnen. Im letzten November wurde das Thema „Amerika“ bei mir wieder aktuell, im heurigen Juni habe mein erstes Studienjahr in Wien abgeschlossen und startete am 2. August. Nach 22 Stunden Reisezeit und 7 Stunden Zeitverschiebung bin ich hier in Kansas gut angekommen. Leider wurde ein Flug von mir gecancelt und dieser Tag war echt kurios für mich, aber schlussendlich ist alles gut gegangen und ich bin froh, endlich hier zu sein. Die ersten Tage waren für mich ein wenig mit einem “ Kulturschock“ verbunden, irgendwie kein Wunder, es ist mein erstes Mal, dass ich im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ bin. Ich fühlte mich, als wäre ich die ganze Zeit in einem amerikanischen Film“(lacht).
Immer einen mutigen Schritt voraus: Leoni Enzlmüller (rechts) sprintete in die Heimat der Fußball-Weltmeisterinnen: (Foto: Herbert Redhammer)
Spielten auch die Übertragungen der Spiele der US-Frauen-Nationalmannschaft eine Rolle?
„Natürlich haben die Spielerinnen der US-Frauen-Nationalmannschaft eine Art Vorbildfunktion für mich, aber meine Entscheidung, nach Amerika zu gehen, hat das eher weniger beeinflusst“.
Warum ist Amerika Dein Ziel und nicht die deutsche Bundesliga?
„Auch wenn Fußball meine große Leidenschaft ist, war und ist mir meine schulische Ausbildung immer am wichtigsten. Ganz wenige Fußballerinnen können nur vom Fußball leben und es gibt auch immer eine Zeit nach dem Fußball, denn man wird bekanntlich nicht jünger (...sagt die 20 Jährige! Anmerkung: Pichler) und meine Leidenschaft, aktiv Fußball zu spielen, hat leider auch für mich ein Ablaufdatum. In Amerika habe ich die Möglichkeit, eine perfekte akademische, aber auch athletische Ausbildung gleichzeitig zu genießen. Ich spiele für die Mannschaft der Kansas Wesleyan University in Salina, Bundesstaat Kansas. Hier sind Universitätsbetrieb und Training bestens aufeinander abgestimmt, dieses System existiert in Europa leider nicht“.
Musstet Ihr die Dienste eines Managers in Anspruch nehmen?
„Grundsätzlich ist es bei fast allen „Transfers“ nach Amerika so, dass der Transfer über eine Vermittlungsagentur abläuft. Jeder Sportler hat sein eigenes Profil und so können die Coaches aus Amerika ihre neuen Spieler rekrutieren, wobei auch ein „Highlightvideo“ herangezogen wird. Auch bei mir war das der Fall, ich würde nicht sagen, dass diese Agentur mein Management ist“.
Hast Du keine Probleme wegen sprachlicher Hürden?
„Ich muss ehrlich zugeben, dass mein Schulenglisch nicht das beste war, und mein ehemaliger Englischlehrer würde es wahrscheinlich nicht glauben, dass ich jetzt in Amerika studiere. Aber im Zuge der Vorbereitung muss jeder, der auf einer amerikanischen Universität studieren will, vorher einen Englischtest absolvieren, da habe ich mich ein wenig besser auf die Sprachbarriere hier vorbereiten können. Die ersten Tage waren natürlich ein bisschen schwierig für mich, aber mit der Zeit traue ich mich immer mehr, zu reden und wenn man nur mit der englischen Sprache in Kontakt ist, lernt man auch viel schneller“ (lächelt).
Du hast schon auf Deinen „Wissensdurst“ hingewiesen, wie wichtig ist Dir die Erweiterung Deines Horizonts?
„Für meinen Entschluss für ein Studium in Amerika war auch mit einer der größten Beweggründe, die Möglichkeit, in dieser Zeit in alle Richtungen enorm viele neue Erfahrungen sammeln zu können. Verglichen mit der Universität in Wien, die ich letztes Jahr besucht habe, ist hier alles viel familiärer. Die Anzahl der Schüler in den Klassen ist sehr klein, also hat man die Möglichkeit, ein gutes Schüler-Lehrer Verhältnis aufzubauen“.
Zugegeben eine freche, aber naheliegende Frage: Wirst Du von Heimweh geplagt?
„Also, direkt als Heimweh würde ich mein Gefühl nicht bezeichnen. Sicher vermisse ich meine Familie und Freunde, aber es ist ja nicht so, dass ich gar keinen Kontakt mehr mit ihnen habe, ich facetime oft mit ihnen und so habe ich ein wenig das Gefühl, dass ich gar nicht so weit weg von daheim bin“.
Wie hältst Du den Kontakt mit „Chrisi“ Pesendorfer?
„.Da ich im Bundesstaat Kansas bin und Chrisi in Kalifornien, trennen uns, auch wenn wir beide in Amerika sind, fast 2000 Kilometer, aber natürlich stehen wir im ständigen Austausch und es ist auf jeden Fall ein Vorteil, dass man jemanden kennt, der gerade genau die gleichen Erfahrungen sammeln kann“.
Denkst Du manchmal an die Zeit bei der Union Kleinmünchen zurück?
„Natürlich! Ich versuche so gut wie möglich, jedes Spiel zu verfolgen und bin auch noch mit einigen „alten“ Teamkolleginnen im Austausch (lacht).
Du wirst auch weiterhin dem Ball nachjagen?
„Wie schon erwähnt, spiele ich für die Unimannschaft. Das System in Amerika ist anders als in Europa. Wenn du ein Stipendium an einer Uni hast, spielst du für diese. Die Sportler hier gehören während ihrer Studienzeit keinem Verein, sondern eher der Universität“.
Für wie lange hast Du vor, in den Staaten zu bleiben?
„Ein Bachelorstudium in Amerika dauert 4 Jahre. Wenn alles gut läuft, könnte ich auch schon nach 3,5 Jahren mein Studium in Grafik Design abgeschlossen haben.
Was ist Dein größter Wunsch an die nächsten Monate?
„Ich hatte einen sehr guten Start hier und hoffe, dass ich mich in den nächsten Wochen und Monaten noch richtig gut einleben kann, dass sich das alles hier nicht mehr nur wie ein Kurzaufenthalt anfühlt. Schulisch hoffe ich, dass sich die sprachliche Barriere, die ich jetzt vorwiegend noch in meiner Biologie- und Englisch- Klasse habe, verbessern wird. Und sportlich gebe ich natürlich Vollgas und hoffe, dass wir als Team gut in unserer Conference abschneiden, um es womöglich zu den „National- Finals“ zu schaffen“.
Mit der Nummer 42 mitten im Spielgeschehen bei ihrer "Premiere": Leoni Enzlmüller (Fotocredit: Diana Dowell)
Liebe Leoni, vielen herzlichen Dank für Deine Zeit und Geduld, ich wünsche Dir weiterhin so viel Mut, Entschlossenheit und Glück für Deine Pläne und Deine Karriere!
Dr. Helmut Pichler