OÖ-Liga

"Neuhofen/Ried soll aufsteigen, auch als Tabellensechster"

Im Vorfeld des 21. Spieltags sorgte Grieskirchen-Coach Helmut Wartinger mit seiner Aussage, wonach der SV Grieskirchen gar nicht aufsteigen wolle und in den letzten Runden womöglich vorwiegend junge 1b-Spieler einsetzen würde, für Aufsehen. Seine Mannschaft verlor an diesem Wochenende zwar die Tabellenführung, der SV Wallern übernahm diese wieder, ooeliga.at-Experte Albert Kabashi zweifelt jedoch auch dessen Aufstiegsambitionen an. "Man hört, dass keine der oberen Mannschaften wirklich aufsteigen möchte", sagt der ehemalige OÖ-Liga-Trainer und hat Verständnis dafür: "Die Regionalliga ist eigentlich nur für Neuhofen/Ried attraktiv. Sie sollen aufsteigen, auch als Tabellensechster." Kabashi setzt sich in einem überaus spannenden Interview mit ooeliga.at nicht nur für diese Aufstiegsvariante ein, entpuppt sich auch als Verfechter einer 16er-Liga in der höchsten Spielklasse Oberösterreichs und fordert sogar "breitere und höhere Tore", die zur allgemein Attraktivität des Fußballs beitragen sollen. Unbedingt weiterlesen:


ooeliga.at: In der Vorwoche sorgte Grieskirchen-Coach Helmut Wartinger für Aufsehen, bestätigte gegenüber ooeliga.at, dass der SV Grieskirchen keinesfalls in die Regionalliga aufsteigen möchte. Wie stehen Sie zu dieser Ankündigung?

Kabashi: "Ich ziehe den Hut vor Wartinger und Grieskirchen, dass sie damit in die Öffentlichkeit gehen. Endlich spricht es jemand offen aus, denn was man hört, wollen auch die anderen Vereine nicht in die Regionalliga. Das ist auch vollkommen verständlich, denn wie Wartinger richtig sagte, hat man schon viele Negativbeispiele in der Vergangenheit erleben müssen, auch Grieskirchen selbst war ja schon oben. Man denke nur an Rohrbach, Esternberg, oder Schwanenstadt und Vöcklabruck, die noch weiter oben waren. Diese Dörfer oder Kleinstädte können den finanziellen Aufwand nicht stemmen."

ooeliga.at: Liegt das Desinteresse nur an der schwierigen Finanzierung?

Kabashi: "Das ist sicher der Hauptgrund, doch man muss auch an die zeitliche Komponente denken. Auch ich als Trainer, hätte kein besonderes Interesse daran, man müsste sich ja immer wieder frei nehmen, da spielt kein Firmenchef lange mit. Erfahrene Spieler wie ein Herwig Drechsel oder Werner Topf haben ohnehin kein Interesse daran, ständig durch Halb-Österreich zu fahren, für sie wäre der Aufstieg eher eine Strafe als eine Belohnung. Ich denke für Grieskirchen's Robert Lenz oder Reinhard Fuchsjäger gilt dasselbe. Auch die Fans sind nicht daran interessiert, wer sieht sich schon ein Spiel gegen Gleinstätten an? Den meisten ist es wahrscheinlich lieber, ein Spiel gegen Sattledt zu sehen, auch wenn diese Tabellenletzter sind."

ooeliga.at: Irgendein Verein muss aber aufsteigen. Wer soll diese "Strafe" dann aufgebrummt bekommen?

Kabashi: "Für Neuhofen/Ried wäre es keine Strafe, die würden sich über einen Aufstieg freuen. Einzig bei ihnen macht es auch Sinn, denn dort könnten sich die angehenden Profis noch besser entwickeln. Außerdem müsste die SV Ried dann keine Talente an St. Florian oder dergleichen verleihen, sondern könnte sie weiterhin selbst ausbilden. Mit dieser Lösung wäre allen geholfen, ich sehe da nur Vorteile. Man sollte diesen Verein aufsteigen lassen, auch wenn er am Ende Tabellensechster der OÖ-Liga ist. Man sollte überhaupt dazu übergehen, nur diejenigen in die Regionalliga aufsteigen zu lassen, die wirklich wollen."

ooeliga.at: Gut, aber was, wenn irgendwann kein OÖ-Liga-Verein mehr hinauf möchte?

Kabashi: "Wenn es wirklich soweit kommt, dann muss man sich überlegen, wer diese Regionalliga überhaupt braucht. Man kann ja niemanden zu etwas zwingen, das er nicht will. Wenn ein Unternehmen nicht funktioniert, dann wird es auch irgendwann zugesperrt. Man muss ja Vereinen bei einem Aufstieg in die Regionalliga oft auch ein vollkommen neues Gesicht geben, teilweise die komplette Mannschaft austauschen. Auch bei Wallern müsste man wohl 8-9 Spieler verpflichten. Drechsel und Topf haben ja viele Spiele im Alleingang entschieden, der Großteil der anderen Akteure ist einfach nicht regionalligareif. Wenn man dann aber die Spieler austauscht, dann ist das wiederum für die heimischen Zuschauer uninteressant, da schaut keiner mehr zu. Aus diesem Grund muss man die OÖ-Liga noch attraktiver machen, denn diese wird auch wirklich angenommen. Nach der Bundesliga ist das die wichtigste Liga in Oberösterreich."

ooeliga.at: Wie könnte man die Attraktivität der OÖ-Liga konkret steigern?

Kabashi: "Ich bin ein absoluter Verfechter der 16er-Liga in der höchsten Spielklasse Oberösterreichs. Das würde auch die Winterpause verkürzen, was zu begrüßen wäre. Außerdem sollten beide Vizemeister der beiden Landesligen die Chance haben in die OÖ-Liga aufzusteigen. Das heißt also, die beiden Landesliga-Meister steigen direkt auf, die beiden Vizemeister spielen Relegation. Diese Variante würde für noch mehr Spannung sorgen. Doch was die Attraktivität betrifft, gibt es ja nicht nur in der OÖ-Liga Handlungsbedarf, ich wäre für eine Reform des ganzen Fußballsports, denn vielen Zuschauern wird die heutige Form einfach zu langweilig. Applaudierten die Fans früher schon bei erfolgreichen Doppelpässen oder Gurkerln, ist heute nur noch der Sieg wichtig. Am besten, man gewinnt knapp mit 1:0, dann ist jeder zufrieden. Das kann aber nicht das Ziel sein, Fans sollten viel mehr Tore zu sehen bekommen, das Fußballerische sollte im Vordergrund stehen, nicht die Athletik."

ooeliga.at: Es gab vor einiger Zeit den Vorschlag, die Spielerzahl von elf auf zehn Akteure zu reduzieren. Wäre so etwas zu begrüßen?

Kabashi: "Auch das könnte dazu führen, dass mehr Tore in einem Spiel fallen. Doch ich befürchte, dass dadurch eben wieder die Athletik in den Vordergrund rückt, es würden jene Mannschaften gewinnen, die die schnelleren und ausdauernderen Spieler in den Reihen haben. Ich wäre vielmehr für die Vergrößerung der Tore. Man könnte das Gehäuse zum Beispiel um einen Meter breiter und einen halben Meter höher machen. Heutzutage sind die Tormänner und Verteidiger alle über 1.90m groß, da fällt es einem schon unheimlich schwer, ein Tor zu erzielen. Das hört sich alles so banal an, doch es würde reichen, die Tore zu vergrößern, dann könnte der Torhüter nicht an jeden Ball kommen, dann würden auch Tore aus 30 Metern möglich sein. Man müsste in so einem Spiel auch viel anders verteidigen, überhaupt mehr Wert auf die Offensive legen. Dann würden Spiele auch nicht mehr 0:0 ausgehen, sondern Ergebnisse wie ein 6:6 wären an der Tagesordnung. Die Spielkultur des FC Barcelona ist heutzutage eine Besonderheit, doch genau so etwas will man doch als Fußballfan sehen. Das Fußballspiel muss wieder in den Vordergrund rücken."


von Milan Vidovic

Foto-Slide: LUI