Nach dem 1:1 gegen die Wacker Innsbruck Amateure am letzten Samstag musste Markus Scharrer beim Westligisten Seekirchen seinen Hut nehmen. Nach rund einem Jahr ist das Kapitel Seekirchen für den Ex-Profi Geschichte. Im Interview mit unterhaus.at spricht Scharrer unter anderem über seine Entlassung, warum er das Angebot im Nachwuchs weiter zu arbeiten nicht annimmt und das Unentschieden in Saalfelden der "Anfang vom Untergang" war.
unterhaus.at: Wie geht es Ihnen wenige Tage nach der Entlassung? Erleichtert oder enttäuscht?
Markus Scharrer: Beides. Natürlich war die Enttäuschung groß, aber das ist vorbei. Die Erleichterung ist aber auch da, weil es doch ein beinharter Job war. Ich habe ja nicht nur die Regionalliga-Mannschaft betreut, sondern auch 140 Nachwuchsspieler und 18 Trainer gehabt. Ich hatte für vieles die Verantwortung, also ist doch auch eine Erleichterung dabei.
unterhaus.at: Sie haben vom Verein das Angebot bekommen im Nachwuchs weiter zu arbeiten. Werden Sie weiter als Nachwuchskoordinator arbeiten?
Scharrer: Ich habe vom Verein ein Angebot bekommen, aber das war so lächlerich, dass ich gesagt habe: nein danke.
unterhaus.at: Sie sind eine Runde vor der Winterpause entlassen worden. Der Zeitpunkt war überraschend.
Scharrer: Ich kann es nur betonen: Der Verein ist nie zu mir gekommen und hat gesagt es schaut so oder so aus. Jeder im Verein hat die Problematik im ganzen Kader gekannt. Der Verein hat aber nie gesagt: Jetzt brauchst du einmal ein Ergebnis. Oder: Was war der Grund an einzelnen Niederlagen? Es ist vom Vorstand nie jemand gekommen, nach einem Spiel oder bei einer Nachbesprechung. Eigentlich hat man da wenig Interesse an dem Ganzen gezeigt. In Wahrheit war es nur noch so, dass man gesagt hat: Du bist weg - und aus.
unterhaus.at: Hätten Sie sich zugetraut über den Winter die Trendwende zu schaffen?
Scharrer: Absolut hätte ich mir es zugetraut. Ich habe auch immer gesagt, ich muss mich nur bis in den Winter retten. Dann kommen wieder vier, fünf Spieler zurück. Dann hat man wieder ein paar mehr Leute zum Arbeiten. Die Spieler, die unter der Saison die Karriere beenden haben müssen, wie ein Gottfried oder Hartl, hätte man ersetzen können. Die Trendwende wäre sicher zu schaffen gewesen. Die Mannschaft wäre gewachsen, viele hätten ein halbes Jahr Regionalliga-Erfahrung in den Beinen gehabt. Der nächste Trainer, der die Mannschaft übernehmen wird, wird sicher Erfolg haben. Weil die Qualität der Jungen sicher überdurchschnittlich ist, nur waren die Vorraussetzungen in diesem Jahr sehr, sehr schwierig.
unterhaus.at: Der Start in die neue Saison war vielversprechend. Sie träumten sogar davon, die dritte Salzburger Kraft in der RLW zu werden. Wie ist der Leistungsabfall in den letzten Wochen zu erklären?
Scharrer: Die dritte Kraft in Salzburg zu werden war auch mein Ziel. Zu Beginn der Saison war ich auch auf Kurs, das ganze Werk hat mit der Partie im Pinzgau zum Stottern angefangen. Auf das Spiel im Pinzgau habe ich schon zwei, drei Wochen vorher oft hingewiesen. Für mich war nicht Kufstein oder so das wichtigste Spiel, sondern die Partie in Saalfelden. Wir waren zu dem damaligen Zeitpunkt Achter in der Tabelle und haben danach nur noch gegen Mannschaften gespielt, die in der Tabelle hinter uns waren. Ich habe der Mannschaft gesagt, wenn wir diese Partie gewinnen dann setzen wir uns im Mittelfeld fest, wenn wir sie aber nicht gewinnen dann sind wir mitten drin im Abstiegskampf. Hätten wir dieses Spiel gewonnen dann hätte alles eine Eigendynamik bekommen. Aber leider ist das Spiel im Pinzgau trotz 2:0-Führung gegen uns gelaufen. Obwohl wir in der ersten Halbzeit sehr gut gespielt haben. Die zweite Halbzeit war leider wie abgerissen. Es ist leider so eingetreten, dass alle hängende Köpfe hatten. Das nächste Match gegen St. Johann war eine typische 0:0-Partie, die wir aber 0:1 verloren, weil wir unerfahren waren. Gleich war es in Altach, aus diesen vier Spielen hätte ich mit zehn Punkten gerechnet. Also aus den Spielen Pinzgau, St. Johann, Hard und Altach. Aus diesen Spielen haben wir aber nur einen Punkt geholt. Somit ist das Schiff nicht mehr auf Kurs gewesen. Aber wir waren bei allen Spielen knapp dran, es war ja nicht so, dass wir klar unterlegen waren.
unterhaus.at: In diesen Spielen, die Sie gerade angesprochen haben, war der Kader schon extrem geschwächt.
Scharrer: Es hat schon jeder gewusst, dass ich nur noch mit zehn Leuten trainiert habe. Es war ja kein Geheimnis. Aber das Jammern hilft nichts, als Trainer wirst du nur an den Punkten gemessen. Und es soll auch so sein und wird auch immer so sein. Beim Internen gibt es immer eine Führung. Bei Werder Bremen haben auch oft die Punkte gefehlt, aber die Leute im Vorstand haben gewusst, welche Probleme da waren. Thomas Schaaf hat immer wieder die Zeit bekommen, auch wenn die Ergebnisse nicht gestimmt haben. Er hat immer wieder mit jungen Spieler gearbeitet und ist immer wieder aus der Krise gekommen. Ich bin überzeugt davon, dass auch ich aus der Krise gekommen wäre. Es war ja nicht so, dass wir einen schlechten Fußball gespielt haben.
unterhaus.at: Ist die Regionalliga West zu hoch für Seekirchen?
Scharrer: Ich sage mal so: Wenn du seit zehn Jahren immer nur das Ziel hast nicht abzusteigen, muss man hinterfragen, ob das überhaupt ein Ziel ist. Oder ob es nicht einmal gescheiter ist, sich ein Jahr in der Salzburger Liga zu konsolidieren und dort um den Aufsteig zu spielen. Es ist schon sehr, sehr depremierend wenn du nur sechs Mal gewinnst im ganzen Jahr.
unterhaus.at: Was müsste sich in Seekirchen ändern, dass es nicht immer gegen den Abstieg geht?
Scharrer: In Wahrheit ist es so: Dort wo das Geld ist, da ist die Qualität. Das sieht man bei Liefering und bei der Austria. Man darf eines nicht vergessen: Es sind jetzt acht Salzburger Mannschaften in der Regionalliga. Das heißt jeder hat 20 Spieler im Kader, das sind 160 Spieler. Und Salzburg hat keine 160 guten Regionalliga-Spieler. Es rennen schon bei allen Vereinen sehr viele Spieler herum, die eigentlich keine Regionalliga-Tauglichkeit haben. Das ist halt ein Riesenproblem. Wenn du wie früher vier Regionalliga-Mannschaften hast, dann nimm' aus den 160 die 80 Besten, dann bekommst du vielleicht gute Teams zusammen.
unterhaus.at: Was würden Sie anders machen, wenn Sie ein Jahr zurückgehen könnten und gerade als Trainer in Seekirchen anfangen würden?
Scharrer: Ich würde mich von drei, vier Spielern trennen. Weiters hätte ich im ersten Jahr nicht gleich den Trainer gemacht, sondern als Spielertrainer angefangen. Die Kadersituation hat es einfach nicht anders hergegeben. Du kannst nicht sagen, dass du härter gewesen wärst oder mehr durchgegriffen hättest, weil es ist einfach Amateurfußball. Sonst hätte ich nicht viel anders gemacht. Der erste Fehler war, dass ich den bestehenden Kader einfach übernommen habe. Und mich nicht von den Unruheherden getrennt habe. Im Sommer hätte ich nicht viel anders gemacht, ich hätte keine anderen Spieler bekommen. Die Spieler, die ich bekommen habe, sind in Ordnung.
unterhaus.at: Wie sehen Sie die Zukunft des Vereins?
Scharrer: Gut. Die Mannschaft ist jung und hat einen guten Kern. Die Mannschaft ist gut aufgestellt und hat Charakter. Ich kann dem nächsten Trainer eigentlich nur sagen, wenn er es nicht vergeigt, dann hat er eine gute Mannschaft.
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von Thomas Gottsmann