Frauen in OÖ

Berufliche Priorität zwingt Ottensheims Mittelfeldregisseurin zur Fußball-Pause!

Im Herbst 2019 absolvierte Corinna Gerard noch 11 Spiele für den Landesligisten TSV Ottensheim, mittlerweile hat die torgefährliche zentrale Mittelfeldspielerin wegen beruflicher Herausforderungen auf „stand-by“ geschaltet. Die intensive Mitarbeit in der Firma ihres Mannes, Andy Gerard, Ex-Meister-Trainer der Union Kleinmünchen, nimmt die Juristin als „Mädchen für alles“ voll in Beschlag.

Warum sie ihre Fußball-Karriere später startete, dann nach Ottensheim wechselte und in 184 (!) Spielen keine einzige Karte (!!) von den Schiedsrichtern kassierte, erklärt die Edeltechnikerin im ausführlichen Ligaportal-Interview:

 Corinna, wie bist Du zum Fußball gekommen, gab es da in Deiner Jugend eine Konkurrenz-Sportart?

„In meiner Familie gab es keine fußballerischen Vorbilder, aber sportlich interessiert war ich schon als 7- jährige und habe auch in der Schule und unter Burschen als einziges Mädel gekickt. Schlüsselerlebnisse waren da die TV -Übertragungen von der Männer- WM 1998 in Frankreich, wo Österreich gegen Kamerun, Chile und Italien spielte, ich am Bildschirm mitfieberte und mich für den Fußball begeisterte. Mit 14 spielte ich in einem Handballverein, schafft es sogar in die Oberösterreich-Auswahl, doch 2004 habe ich mich dann für den Fußball entschieden und bei der Union Kleinmünchen begonnen“.

War das nicht eine sehr hohe Einstiegs-Hürde?

„Ich denke, das Niveau war doch wesentlich niedriger als heute, das gilt für alle Ligen, und daher kann wohl kein Vergleich mit heute angestellt werden".

Was waren deine größten Erfolge mit den Linzerinnen zwischen 2004 und 2013?

„Sicherlich einige Meistertitel und vor allem das legendäre Cupfinale gegen ASKÖ Dionysen 2005, als wir in „Liverpool“-Manier (wie beim CL- Finale der Männer!) ein 0:3 noch egalisieren konnten und dann das Elferschießen gewannen“.

Du warst in allen Teams Kleinmünchens aktiv?

„Begonnen habe ich in der 1 c, mit der 1b spielte ich in der OÖ-Liga und auch in der 2. Liga Mitte-West und unter Trainerin Judith Riederer 2007 auch in der Frauen-Bundesliga“.

Wenn man dem Datenservice des OÖFV vertrauen darf, hast Du bisher 184 Spiele ohne irgendeine „Karte“ absolviert?

„Da hatte ich nie sonderliche Probleme, weil ich mehr das technische Spiel bevorzuge und selten in körperbetonte Zweikämpfe verwickelt bin“.

Eine eher "rare" Spielszene: Corinna (im Vordergrund)versucht sich dem gegnerischen Zugriff zu entziehen (Foto: privat)

 

Hattest Du jemals Verletzungspech?

„Lange Zeit blieb ich davon verschont, ich dachte schon, mich erwischt es in „meinem Alter“ (lacht) nicht mehr, aber vor dem ersten Meisterschaftsspiel 2018/19 erlitt ich dann einen Kreuzbandriss. 3 Wochen später wurde ich operiert, habe dann sehr aktiv meine Rehabilitation betrieben mit Radfahren, Laufen und Kraft-Training, stand im April 2019 wieder auf dem Platz, um mit leichten Übungen zu beginnen und 10 Monate nach der Blessur habe ich wieder gespielt“.

Deine Lieblingsposition?

„Im zentralen Mittelfeld, weil ich da nicht die schnellste sein muss und meine Schusskraft nicht so stark ausgeprägt ist (lacht), dafür aber meine Stärken: das Spiel „lesen“ zu können und den entscheidenden „tödlichen“ Pass zu spielen, einsetzen kann.“

Gab es auch früher Pausen in Deiner Karriere?

„Ja, 2008/9 und 2009/10 habe ich nicht gespielt, mir eine „Auszeit“ gegönnt“.

Parallel zu Deiner Fußballkarriere in Kleinmünchen hast Du Dein Jus-Studium absolviert?

„Als erstes Studium habe ich Publizistik gewählt und auch abgeschlossen, war damit aber nicht recht zufrieden und habe deshalb Jus studiert. Nach der Beendigung war ich dann als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni Salzburg und der JKU in Linz tätig“.

Gemeinsam mit dem Deinem Mann betreibst du ein Sportartikel-Unternehmen, ihr handelt vor allem mit Torwarthandschuhen und veranstaltet Torwartcamps. Was sind Deine Aufgaben dort?

„Juristische Belange sind nicht mehr mein Kerngebiet, ich kümmere mich vor allem um das Marketing und Social Media. Darüber hinaus bin ich aber auch mit allen möglichen Agenden betraut und quasi „Mädchen für alles.“

2013 bist Du zum TSV Ottensheim gewechselt?

„2012 wurde meine Tochter Anna geboren, wir sind dann nach Puchenau übersiedelt. Auch deshalb und weil ich mit dem dementsprechenden Zeitdruck nicht mehr auf Bundesliga-Niveau spielen konnte und wollte, bin ich zum Landesligisten übersiedelt“.

2016 konntet Ihr aber schon über den Meistertitel jubeln?

Ja, unter Trainer Thomas Hammerschmied haben wir in der Saison 2015/16 Rang 1 erreicht und sind in die O.Ö. Frauen-Liga (damals noch ohne „Sponsor“!) aufgestiegen“.

Warum seid Ihr 2019 nicht dort verblieben, als ohnehin Teams für eine „Zehnerliga“ fehlten?

„Mit 5 Punkten aus 14 Spielen schlossen wir als Letzte ab, hatten zu wenig Qualität für diese Liga, zu wenig Spielerinnen und noch weniger Lust, uns deshalb immer wieder „abschießen“ zu lassen“.

Derzeit liegt Ottensheim ganz vorne in der Landesliga?

„Sie verfügen über eine sehr gute Mischung, „Flo“ Sensenberger und Co. könnten den Aufstieg schaffen, wenn keine gravierenden Verletzungen passieren. Die Routiniers wie Sylwia (Siemionow) unterstützen die Talente bestens. Über diese Entwicklung bin ich froh, denn es ist nicht leicht, Spitzenspielerinnen, auch aus Linz oder der Umgebung nach Ottensheim zu lotsten“.

Du scheinst im Datenservice als „Individualtrainerin“ mit Trainerkurs für Kinder auf?

„Ich habe die ÖFB Kinder Trainerausbildung absolviert und gemeinsam mit Adalbert Böker und Jimmy Mayr ein „Mädchen U12“ Team geschaffen. Zuvor habe ich auch die Ottensheimer U7 und U8 Mannschaft trainiert. Weil es immer noch Volksschülerinnen schwerfällt, sich einem Verein anzuschließen, haben wir jetzt ein „reines“ Mädchenteam auf die Beine gestellt. Natürlich ist auch klar, dass sie in gemischten Teams mit Buben mehr profitieren, aber wir wollen sie generell zum Fußball bringen. Fußball als Sportart ist allgemein rückläufig, auch bei den Burschen, da wollen wir gegensteuern. Derzeit „pausiere“ ich aber auch bei den Mädchen aus demselben Grund wie bei der Kampfmannschaft.

Wird Deine Tochter in Deine Fußstapfen treten?

„Sie ist zwar ein Bewegungstalent, aber vorläufig nur am Tanzen interessiert“.

Wie hast sich Corona bisher in Deinem, Eurem Leben und vor allem beruflich ausgewirkt?

„Der Lockdown und die damit verbundene 6-Wochen Pause im Fußball hat für unsere Firma natürlich zu Verlusten geführt. Wenn niemand Fußball spielen kann, werden auch keine Torwart-Handschuhe gekauft. Unsere Torwartcamps in Österreich und Deutschland waren aber dann doch ein voller Erfolg. Für die Kinder war es im Frühjahr bitter, ihrem Bewegungsdrang nicht nachgehen zu können und sie waren voll motiviert“.

Gibt es ein Comeback für Dich?

„Durch unsere Übersiedelung nach Plesching habe ich jetzt nicht nur längere und wegen Staus beschwerlichere Anfahrten zum Training, sondern muss auch körperlich den Übungen am nächsten Tagen mit Kater „Tribut zollen“ (lacht). Aber ich denke, wenn sich die Situation in der Firma entspannt und die Lebensumstände passen, würde ich schon wieder meiner Fußball-Leidenschaft nachgehen“.

Danke für Deine Geduld und Zeit und alles Gute für Deine weitere Zukunft!

Vorbildlich:sie bestritt 184 Spiele ohne irgendeine "Karte": Ottensheims torgefährliches Mittelfeld- "Ass"  Corinna Gerard (Foto: privat)

Helmut Pichler